Können Gehbehinderte durch den Grand Canyon wandern? Jetzt schon, zumindest virtuell. Denn zwei amerikanische Schüler haben eine Website veröffentlicht, auf der sie Wandertouren hochladen. Mit einer VR-Brille können Nutzer das Erlebnis nachempfinden.
Der Alltag der meisten Menschen hat sich durch die Corona-Krise dramatisch verändert. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, Urlaubsreisen sind nicht mehr möglich. Das weckt die Sehnsucht nach fernen Orten und teilweise auch nach Erlebnissen in der Natur. Für eine begrenzte Zeit lässt sich das gut aushalten, schließlich werden die aktuellen Regeln über kurz oder lang wieder aufgehoben, doch für manche gehören Einschränkungen zu ihrem Leben. Wer beispielsweise gehbehindert ist oder an einer schweren Erkrankung leidet, dem wird eine Wanderung durch den Yosemite-Nationalpark in Kalifornien niemals möglich sein.
Das können Garrison Waugh und Zakary Miracle zwar nicht ändern, aber sie versuchen, solche Erlebnisse mit anderen Menschen möglichst detailliert zu teilen – die beiden Schüler haben Virtual-Reality-Touren entwickelt. Gedacht sind sie für Personen mit Einschränkungen, doch natürlich kann sie jeder nutzen, der optisch gerade eine Auszeit braucht.
50 Wandertouren sind im ersten Schritt geplant
Für Garrison Waugh begann dieses Projekt auf Hawaii, wo er mit seiner Familie Urlaub machte und den Kuliouou Trail erklomm. Scheinbar endlose Treppen ging er hinauf und wurde oben mit einer beeindruckenden Aussicht belohnt: eine Rundum-Sicht auf Honolulu und die umliegenden Teile von Oahu. Er genoss den Moment, und gleichzeitig machte es ihn traurig, dass anderen solche Erfahrungen versagt bleiben. Ähnlich erging es Zakary Miracle im Yosemite-Nationalpark. Bei ihm mischte sich die Freude über die Natur allerdings mit Enttäuschung, da viele Wanderwege wegen der Brände des damaligen Sommers gesperrt waren. Ihm wurde klar, dass er in den nächsten Jahren vermutlich keine Gelegenheit bekäme, das Versäumte nachzuholen.
Für die zwei Schüler der Elk Rapids High School in Michigan war das Thema damit nicht beendet. Sie beschlossen, anderen Menschen einen besonderen Zugang zu Wanderungen zu verschaffen, denen es auf anderem Weg nicht möglich wäre: durch virtuelle Realität. Das ganze Schuljahr bastelten sie an einem Konzept, der Technik und fanden schließlich sogar Sponsoren. Inzwischen steht ein Dutzend Wanderungen zum Download bereit. 50 Touren in fünf Bundesstaaten sollen es insgesamt werden – erst mal.
Mit der VR-Brille ist ein Rundum-Blick auf den virtuellen Touren möglich
Das Prinzip ist einfach. Zakary Miracle hat sich einen eigenen Helm gebastelt, an den er eine 360-Grad-Kamera montiert hat. Sie nimmt also aus der Position des Wanderers die komplette Umgebung auf. Wer die Tour nachempfinden möchte, kann sich entweder die Aufnahmen als einfaches Video anschauen oder seinerseits eine Virtual-Reality-Brille (VR-Brille) nutzen. Sie wird mit dem Smartphone verbunden, auf dem das Video abgerufen wird. Erst dann kann der Nutzer sich in der Umgebung umschauen und die Wanderung tatsächlich nachempfinden. Zwar fehlen einige Aspekte wie die körperliche Anstrengung, die damit verbundenen Hormonausschüttungen und das Gefühl der Belohnung, wenn der Gipfel erreicht ist. Aber zumindest die Schönheit der Natur mit ihren vielen Facetten sowie zahlreiche Sehenswürdigkeiten kann auf diese Weise nun tatsächlich jeder erleben, auch von der heimischen Couch aus.
Die beiden Schüler sind aktuell damit beschäftigt, weitere Wanderungen zu ihrem Portfolio hinzuzufügen. Außerdem möchten sie eine App für ihr Projekt entwickeln, damit die User nicht erst über den Umweg der Homepage ein Video aussuchen müssen. Zusätzlich werden die Videos auf Youtube hochgeladen, um das Projekt einer breiten Zielgruppe bekannt zu machen.
Quelle:
Bild: Dank Virtual Reality raus in die Natur. Das ermöglicht das Projekt VR Hike. – panthermedia.net/mitarart
https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/ittk/schueler-entwickeln-vr-hike-virtuelle-wandertouren/