Der Netzwerkausrüster Ericsson hat in den USA ein neues Werk aufgebaut. Das Personal wurde über Virtual Reality von den Kollegen geschult und eingewiesen.
Ein Vorgeschmack auf die Fabrik der Zukunft gibt der ursprünglich schwedische Netzwerkausrüster Ericsson in den USA.
Die „5G Smart Factory“ in Lewisville, Texas, USA gilt als einer „der fortschrittlichsten Fertigungskomplexe der Welt“. Wenn so ein neues Werk gestartet wird, schickt man üblicherweise das Personal auf Schulung, wäre mit ihnen wohl in ein bestehendes Werk auf dem „alten Kontintent“ geflogen. Doch die aktuelle Weltlage und die Kosten ergaben eine völlige andere Vorgehensweise: Für den Start einer neuen 5G-Baugruppen-Fabrik wurde das technische Fachpersonal nämlich in der neuen Fabrik vor Ort über das „Netz“ geschult.
Das Zauberwort heißt Virtual Reality (VR). Die neuen Mitarbeiter/innen wurden von ihren Kollegen in der nur 8000 Kilometer entfernten, bereits existierenden Smart Factory von Ericsson in Estland, geschult und trainiert.
Ericssons neue USA 5G Smart Factory in Lewsiville nahm Anfang März diesen Jahres den Betrieb auf. Sie produziert 5G-Basisstationen speziell für den nordamerikanischen Markt. Etwa ein Jahr vorher, da stand das zukünftige Fabrikgelände noch leer, hatte Ericsson bereits ein Projekt zur Schulung des Personals unter Einsatz fortschrittlicher Technologie gestartet. So ließen sich die ambitionierten Zeitpläne genau einhalten, ohne aufwendige Reisetätigkeiten.
Chefs sind begeistert
Der Chef der Smart Factory in den USA heißt übrigens Erik Simonsson. Er ist von dem Konzept völlig überzeugt: „Bei Ericsson wird nicht nur geredet, sondern auch das praktiziert, was wir selbst predigen. Deshalb haben wir diesen Ansatz gewählt.“
Anna Cau, Personalchefin bei Ericsson, ergänzt: „Die Herausforderung bestand darin, wie man neue Kolleginnen und Kollegen in einer noch nicht eröffneten Fabrik einlernt. Wir haben aber schon eine 5G-fähige, intelligente Fabrik in Tallinn, Estland, die bereits seit geraumer Zeit in Betrieb ist. Da war es naheliegend, die neuen Mitarbeiter/innen in der neuen US-Fabrik durch virtuelle Zusammenarbeit und Wissensaustausch mit unseren Kolleginnen und Kollegen in Tallinn zu trainieren.
Neue Mitarbeiter auf der Schulbank
Einblick in das Ericsson Werk in Lewisville, Texas (USA). Die Technik ist nicht trivial
Foto: Ericsson Aus einem Klassenzimmer in Dallas, Texas, heraus nahmen die künftigen 5G-Smart-Factory-Fachleute mit ihren Kolleginnen und Kollegen über eine schnelle Internetverbindung mit dem 8000 Kilometer entfernten Estland Kontakt auf. Einige Inhalte waren schon vorher aufgezeichnet, andere Inhalte wurden live vermittelt.
Jüri Josepson, ein Spezialist für Optimierung aus der Fabrik in Tallinn, nahm „live als Avatar“ an einer 360-Grad-Führung durch die Produktionsstätte in Tallinn teil und beantwortete Fragen der „Neuen“, aufmerksam beobachtet von Kuldar Agu, Betriebsleiter der Fabrik in Tallinn und Werks-Personalchefin Katri Jürine.
Im Monatsturnus wurden „virtuelle Einarbeitungssitzungen“ (Sessions) für die neue Mitarbeiter/innen für die neue 5G Smart Factory abgehalten. Bis heute wurden so mehr als neue 60 Fachleute ausgebildet. Für die Zukunft soll diese „virtuelle“ Zusammenarbeit und der Wissensaustausch über 5G-Verbindungen noch weiter ausgebaut werden. Und inzwischen wird VR nicht nur für das transatlantische Training, sondern auch für die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen anderen Werken von Ericsson verwendet.
Immersives Lernen
„Immersives Lernen (=Lernen über virtuelle Realität) und Wissensaustausch erfüllen einfach so viele verschiedene Kriterien – effizient, sicher und nachhaltig“, unterstreicht Cau. „Wir sind stolz darauf, dass wir unsere 5G-Fabrik in den USA mit hochqualifizierten Fachleuten besetzt haben, die die Herstellung von 5G-Produkten vom ersten Tag an dank des innovativen VR-Ansatzes erleichtern konnten, den wir bei der Einführung dieser Produkte gewählt haben. Diese Fachleute helfen nun mit, den 5G-Bedarf unserer Kunden in Nordamerika zu decken. Wir konnten unsere neuen MitarbeiterInnen für eine physische Umgebung schulen, die es damals noch gar nicht gab, ohne sie in ein Flugzeug zu setzen und sie über weite Strecken fliegen zu lassen, und das alles dank der Leistungsfähigkeit von Konnektivität und virtueller Realität.“
Eine Einschätzung
Die ganze Zeit dürften viele Leser die tollen Geschichten von virtueller oder angereicherter („augmented“) Realität als Marketing-Fantasien abgetan haben. Spätestens seit Covid-19 und den Risiken von allzu direkten menschlichen „Kontakten“ hat sich die Digitalisierung in allen Bereichen unseres Lebens radikal beschleunigt.
Sicher wird es mancher bedauern, im Job nicht mehr durch Reisetätigkeiten auch andere Welten und Menschen kennen zu lernen, aber die neue Realität ist längst da. Trotz aller Euphorie und technischer Möglichkeiten: Den persönlichen Kontakt kann AR und VR auf die Dauer nicht ganz ersetzen. Im Alltag wird die Technik aber vieles einfacher machen: Wenn ein Kollege oder eine Kollegin irgendwo anders auf der Welt vielleicht die Lösung des Problems kennt und schnell und einfach „helfen“ kann.
Quelle:
Foto: Solche futuristischen Szenen können in vielen Firmen bald zum Arbeitsalltag gehören – Ericsson
https://www.teltarif.de/ericsson-vr-training-5g-schulung/news/80704.html