In einer digitalen Lernlandkarte können Volksschulkinder im Sachunterricht auf besondere Erkundungstour gehen. Basis sind ein Satellitenbild und Virtual Reality
„Ich habe mir heute eine Kuh von unten angeschaut“, sagt ein Volksschüler mit großen Augen in die Kamera. Seine Mitschülerin erzählt, dass sie die Salzburger Gaue richtig zugeordnet hat. Ausschnitte aus einem Video zum Projekt „Ed Tech All“ (Ed Tech Salzburg – Augmented Learning Lab), in dem Kinder gleich zu Beginn erklären, wie sie mithilfe von Tablets und einer Salzburgkarte unter den Füßen spielerisch etwas Neues gelernt haben.
„Ed Tech All“ ist eine von der Fachhochschule (FH) Salzburg, der Paris-Lodron-Universität Salzburg und der Pädagogischen Hochschule (PH) Salzburg gemeinsam entwickelte virtuelle Erweiterung des bereits in mehr als 100 Schulen im Einsatz befindlichen analogen Lernsystems Salzburg begreifen. Dieses Projekt wiederum geht auf die Idee dreier Lehrerinnen von der Volksschule Bad Gastein zurück, den Sachkundeunterricht durch das haptische Begreifen von Themengebieten im Mint-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) anschaulicher zu gestalten.
Begehbares Satellitenbild
Gabriele Wagner, Elisabeth Grutschnigg und Susanne Fink erarbeiteten gemeinsam ein Lernkonzept, das auf einem begehbaren, etwa 16 Quadratmeter großen Satellitenbild von Salzburg als Bodenbelag basiert. Darauf können aus insgesamt 42 Themenboxen 3D-Materialien wie Modellautos, Holzklötze, Spielfiguren und diverse Zusatztafeln aufgestellt und miteinander kombiniert werden, um im Unterricht zum Beispiel Gebirgszüge, die Gaue und Verkehrswege des Bundeslandes spielerisch darzustellen.
Auf diesem analogen Konzept baute das Projekt Ed Tech All auf, indem es in Zusammenspiel mit der Karte und den anderen Elementen Wissen interaktiv – per Tablet und Augmented Reality – vermittelt. Seitens der FH Salzburg hat das Projekt Markus Tatzgern vom Department Creative Technologies geleitet. Wichtiger Ansatz bei der Entwicklung der App war es für ihn, „digitale Technologien im Unterricht zu verwenden, ohne vollends darin abzutauchen“, also die Verbindung zu den analogen Elementen stets beizubehalten.
Dreidimensionale Kühe
Auf mehrere Lerntage verteilt lassen sich abwechselnd Inhalte auf der Salzburgkarte erlernen und durch virtuelle Touren und Minispiele auf dem Tablet vertiefen. Schritt für Schritt führt Leo Löwe in der App durch das Programm. Geht es irgendwo zu schnell, erklärt er es geduldig noch einmal. Zum Start hat sich das Forschungsteam für ein spezifisches Thema entschieden, das auf diese Weise vertieft behandelt wird. „Wir haben zuerst den Themenkomplex Milchwirtschaft genommen, weil der viele Mint-Themen abdeckt“, sagt Tatzgern.
Abgebildet wurde die ganze Produktionskette, und darin sind biologische, chemische, physikalische, geografische und wirtschaftliche Fragestellungen eingeflochten. Beim Herumgehen auf der Karte wird für die Kinder mit dem Tablet in der Hand das Relief Salzburgs oder auch eine Kuh dreidimensional sichtbar. Das Zentrifugieren und das Homogenisieren der Milch können dagegen in einem analogen Realexperiment mit eigenem Zubehör erlernt beziehungsweise nachgestellt werden.
Wissenszuwachs bei Kids
Der Fokus des Projekts lag auf dem Volksschulunterricht für die dritten und vierten Klassen mit einem multiperspektivischen Ansatz, der die Art des Lernens für Kinder und die Entwicklung eines didaktischen Konzepts dahinter im Blick hat. Anhand des „Piloten“ mit der Milchwirtschaft sollen die Benutzererfahrungen und die didaktischen Erkenntnisse auch in die Erstellung anderer Inhalte einfließen, so Tatzgern.
Für fachdidaktische Inhalte und die derzeit laufende Evaluierung der neu konzipierten Lernumgebung ist das Projektteam an der Uni Salzburg zuständig. „Zum jetzigen Stand können wir bereits sehen, dass ein Wissenszuwachs bei den Schülerinnen und Schülern stattgefunden hat“, sagt Projektleiter Timo Fleischer. Besonders von dieser Lehrmethode profitieren könnten die Kids „beim Behalten von Lehrinhalten sowie bei Motivation und Interesse“.
Kostenfreie Lern-App
Im Frühjahr 2025 laufen ergänzende Weiterbildungen an der PH Salzburg für Lehrkräfte an, die bereits an der Salzburgkarte geschult sind. Auf breiter Basis könnte die App, die kostenfrei im Apple Store erhältlich ist, gegen Ende nächsten Jahres im Unterricht zum Einsatz kommen, schätzt Markus Tatzgern. Um die Weiterentwicklung der Anwendung und ähnlicher Bildungsprojekte zu fördern, wurde der Source-Code als Open Source auf Github zur Verfügung gestellt.
Das im August dieses Jahres abgeschlossene Projekt wurde im Rahmen der Wissenschafts- und Innovationsstrategie Salzburg 2025 des Landes Salzburg finanziert und durch Innovation Salzburg und Ed Tech Austria unterstützt.
Quelle:
Foto:
Das Projekt Ed Tech All kombiniert analoge und digitale Inhalte, um Kindern in Salzburger Volksschulen Wissen etwa über ihr Bundesland und die Milchwirtschaft zu vermitteln.FH Salzburg/K.Told
https://www.derstandard.at/story/3000000247320/virtuelle-kuehe-vermitteln-kindern-neues-wissen